Eine der Fragen, die mir wohl am häufigsten gestellt wird, lautet in etwa wie folgt:

„Hey Carlos, sag mal, was findest du eigentlich ist das wichtigste Ausrüstungsstück, das man im Falle eines Katastrophe dabei haben sollte?“

Die Frage nach dem wichtigsten Survivalgegenstand beschäftigt viele Menschen auf der ganzen Welt. Auf Youtube gibt es anscheinend unendlich viele Videos, in denen prominente Bushcrafter und Survivalexperten ihre top 5 Ausrüstungsgegenstände vorstellen. In unterschiedlicher Rangfolge findet man dabei häufig Gegenstände, die auf den ersten Blick gar nicht mal so verkehrt scheinen: Messer, Edelstahlflasche, Tarp, Poncho, Rettungsdecke, Paracord, Wanderschuhe, Ersthilfepäckchen, Edelstahlbecher, Feuerstahl, Kopflampe und so weiter.

Dies sind ohne Frage alles Gegenstände, mit denen sich das Überleben in der Wildnis mit Sicherheit um einiges einfacher gestaltet. Ich für mein Teil muss allerdings gar nicht lange überlegen, um einen alternativen Vorschlag zu unterbreiten. Und deshalb möchte ich euch heute den allerwichtigsten Bestandteil meiner Ausrüstung für das Überleben in freier Wildbahn vorstellen: Meinen holländischen Schäferhund Leonardo DaVinci!

Vor langer Zeit, als die Menschen fernab jeder Vorzüge und Annehmlichkeiten, wie sie unsere heutige Zivilisation mit sich bringt, lebten, begannen sie den König der Wälder zu zähmen und sich seine Fähigkeiten und Instinkte zu Nutzen zu machen. Das Ergebnis dieses Jahrtausende andauernden Prozesses ist der Hund, den wir heute als besten Freund des Menschen kennen. Denken wir an Mops oder Labrador, so wird einem schnell klar, dass die meisten Exemplare mit dem Wolf, dem der Hund einst abgewonnen wurde, nicht mehr viel gemeinsam haben. Doch bei anderen Rassen, wie zum Beispiel Malamute oder Schäferhund, ist die Verwandtschaft zu den leisen Jägern, welche einst durch unsere Wälder streiften, nicht zu leugnen. Ein wesentlicher Unterschied besteht jedoch auch hier. Wölfe können Menschen schlecht lesen. Und genau dies haben sich alle domestizierten Hunde über all die Jahre nahezu perfekt angeeignet.

Die beiden ursprünglichen Aufgaben der Hunde waren das Beschützen und das Bewachen der Siedlungen. Dieser Schutztrieb und die bedingungslose Loyalität zum Menschen sind auch heute noch in den meisten Hunden vorhanden. Bei manchen Exemplaren sind diese Veranlagungen selbstverständlich stärker ausgeprägt als bei anderen, je nach Verwendungszweck eben.

Während viele ihren Hund lediglich als Ergänzung ihrer Familie oder als Spielgefährten für ihre Kinder sehen, sehe ich in meinem Hund und in allen anderen Hunden, welche gewisse Eigenschaften besitzen, vor allem auch einen enormen Nutzen.

Man muss immer betrachten, für welchen Verwendungszweck die Rassen gezüchtet wurden. In Leos Fall wurden die Holländischen Schäferhunde erst als Hüte- und Herdenschutzhunde verwendet, kommen heute aber hauptsächlich bei Militär und Polizei zum Einsatz. Entsprechend sind die Veranlagungen der Rasse: Starker Schutztrieb, Mut, Loyalität, Robustheit, Wachsamkeit, Lern- und Arbeitswille und eine geringe Hemmschwelle. Beachtet man diese Umstände, so lassen sich diese Hunde hervorragend im Survivalbereich einsetzen.

Hunde können im Wald, beim Wandern oder auch in Situationen, bei denen es um das nackte Überleben geht, unglaublich hilfreich sein. Spontan fallen mir folgende Verwendungen ein:

 

  1. Die moralische Stütze

Ein beim Überlebenstraining oftmals wenig beachtetes Thema ist die psychische Unversehrtheit. Einsamkeit kann ein gefährlicher Gegner sein. Jeder, der ein paar Tage alleine in der Wildnis verbracht hat, weiß, wovon ich rede. In solchen Momenten ist es gut zu wissen, dass der vierbeinige Partner immer für einen da ist. Hunde fördern natürlich auch die Motivation und die Stimmung im Allgemeinen.

 

  1. Der Beschützer

Schutz ist in vielen Situationen ein seltenes Gut. Kommt es beispielsweise zu Plünderungen, kann ein großer, wütender Hund eine Horde potenzieller Angreifer durchaus dazu überreden, sich ein leichteres Opfer zu suchen. Sollte es dennoch zu einem Angriff kommen, kann ein gut ausgebildeter Hund einen davor bewahren, mit einem Messer im Bauch zu enden. Mein Hund hat bereits zwei messerschwingende Bösewichte in die Flucht geschlagen. Aber auch vor Bedrohungen aus der Tierwelt kann ein Hund einen effektiv schützen. Ich habe schon öfters die Erfahrung gemacht, dass Hunde allein schon durch ihre bloße Anwesenheit und ihren Geruch Wildschweine fern halten. Sollte dies einmal nicht genügen, ist es von Vorteil, wenn der Hund anschlägt oder zumindest gelernt hat, auf Kommando zu bellen. Auch in Punkto Camp-Security hat sich mein Hund bewährt. Egal was, jeder der sich unserem Camp bis auf 150 Meter nähert, wird verbellt. Ein Schäferhund schläft nie!

 

  1. Der Jäger

Hunde hören, riechen und sehen viel besser als Menschen. Auf Grund ihrer uns überlegenen Sinnesorgane sind sie die geborenen Jäger. Man kann seinen Hund Kaninchen jagen lassen, mit ihm gemeinsam jagen, ihn zum Aufstöbern von Wild verwenden, ihn geschossene Enten oder Gänse apportieren lassen, Fährten verfolgen oder angeschossenes Wild aufspüren lassen. Diese Aufgaben stellen neben der Schutzfunktion des Hundes wohl die häufigste Verwendung der Vierbeiner dar. Sollte man in die Situation kommen, dass aus dem eigenen Lager Gegenstände entwendet wurden, kann einem ein Hund bei entsprechender Ausbildung dabei behilflich sein, den Dieb ausfindig zu machen.

 

  1. Der Lastenträger

Hunde wurden schon immer dazu verwendet, Lasten zu ziehen, sei es mit Hilfe verschiedener Schlitten oder Karren. Hunde können jedoch auch ohne Probleme 10% ihres Körpergewichtes tragen. Dies eröffnet dem sachkundigen Bushcrafter ganz neue Möglichkeiten. Beim Transportieren von Ausrüstungsgegenständen über Erste-Hilfe-Päckchen bis hin zu Waffen, sind die Verwendungsmöglichkeiten sehr vielfältig. Es gibt spezielle Rucksäcke für Hunde, ich habe jedoch leider die Erfahrung gemacht, dass diese relativ empfindlich sind und dauerhafter Beanspruchung nicht standhalten. Seit dem verwende ich verschiedene Molle-Westen. Diese sind sehr robust und bieten durch das Molle-System den Vorteil, dass sie sehr flexibel bestückt werden können. Am liebsten befestige ich 2 Feldflaschen an Leos Westen.

  1. Der Hund als Waffe

Auch wenn der taktische Einsatz eines Hundes es für viele Menschen unter zivilisierten Umständen als moralisch verwerflich gilt, kann ein gut ausgebildeter Hund in unzivilisierten Situationen eine mächtige Waffe darstellen. Und das ganz ohne Ladehemmungen, Munitionsengpässe, Querschläger und die Gefahr, dass die eigne Waffe gegen einen selbst gerichtet wird.

Wie man sieht, hat der Hund im Falle eine plötzlich auftretenden Krisensituation durchaus seine Berechtigung. Ich hoffe, dass ihr meine Position zu diesem Thema, über das man wohl endlos schreiben kann, besser nachvollziehen könnt. Wenn Fragen oder der Bedarf danach, einen oder mehrere der angesprochenen Punkte genauer darzulegen bestehen, so werde ich gerne Antworten liefern.

Ich wünsche euch viel friedliche, erholsame Zeit mit eurem vierbeinigen Freund in der Natur.

Viele Grüße

Carlos und Leo